"Aller Anfang ist schwer." So sagt man. Und da ich nicht wußte, ob alles nach Wunsch läuft, ist es besser mit einem schmalen Streifen zu beginnen und vielleicht verschiedene Muster zu probieren. Nichts ist schlimmer, als wenn sich beim ersten großen Stück die Fehler häufen: Fehler bei Scheeren der Kette (ganz besonders übel), Fehler beim Aufbäumen der Kette, beim Litzenstechen, beim Blattstechen, beim Anbinden der Schäfte, .... es gibt masenweise Fehlerquellen, die um so schlimmer sind, je größer und geplanter das Tuch ist.
Unser Musterband sollten eigentlich Wadenwickel werden. Ob zweifarbige damals getragen wurden ist mir nicht bekannt. Wir hatten jedoch nur in dieser Kombination ausreichend Garn zur Hand. Die ersten Probleme ergaben sich beim Scheeren der Kette. Von dem senfgelben Garn waren 2 Knäul noch recht groß, mehrere kleine mußten zu weiteren großen zusammengeknotet werden. Knoten in der Kette sind meist schlecht im Gewebe zu verstecken. Für 10m Gewebe hatte ich großzügig 12,5m Kettlänge angesetzt. Eine ziemlich lange Kette für den ersten Versuch. Das Scheeren klappte recht gut (bis auf die vielen Knoten im senfgelben Garn). Die ersten wirklich großen Probleme gab es beim Aufbäumen. Ich hatte, wie für große Tuche beschrieben, die Scheergänge direkt nebeneinander in den Reedekamm eingelegt, sodaß sich ein schmaler Streifen Kettfäden ergab. Durch die extreme Länge wurde die aufgebäumte Kette ein Knubbel, ein kleiner, fast runder Haufen Fäden. Es mußte zwangsläufig passieren, daß einige der Randfäden aus ihrer Lage diesen Knubbel hinabrutschten und näher am Kettbaum aufgewickelt wurden (Foto). Ich habe das zwar bemerkt, hatte jedoch vergessen, den Menschen am Kettbaum vorher zu instruieren, das so etwas nie (!) passieren darf. Vielleicht würde die Kette besser liegen, wenn im Reedekamm jeweils ein Fach belegt, ein Fach frei gewesen wäre. Das hätte sie etwas mehr verteilt. Zusätzlich noch mehr Kettleisten einlegen, die die Fäden in ihrer Lage halten. Passiert ist passiert. Ich war zu begierig endlich mit Schäften und Litzen zu arbeiten, als daß ich die Kette noch kontrolliert hätte. Außerdem mußte ich noch einige Litzen auf neue Schaftleisten bringen, was Zeit gekostet hat. Die Schäfte wurden provisorisch in den Webstuhl gehängt (Foto 164-6428) und ich mußte regelrecht hineinklettern um die Kettfäden und Litzen noch zu erreichen. (Foto 164_6430) Litzen- und Blattstechen ging relativ problemlos, nicht einmal habe ich mich vertan. Das Anbinden an die Warenbaumleiste war zwar nicht gemacht wie es sein sollte, aber das sollte auch kurz vor dem Weben nochmal kontrolliert werden. Es galt die noch provisorisch aufgehängten Schäfte richtig anzubringen und die Verschnürung an den Tritten zu befestigen. Der Webstuhl ist so groß, daß ich auf einem Querholz sitzend unter der Kette recht bequem arbeiten konnte. (Foto 164-6438)
Und dann war es endlich soweit: Tritt 1 treten, Schäfte hoben und senkten sich, Fach kontrollieren, Tritt 2 treten, ... Der ganze Mechanismus bewegte sich. Fantastisch! Der Schußfaden ist nur als Knäul zur Hand? Egal! Später habe ich dann ein Steckschiffchen genommen, das wir zum Brettchenweben verwenden. Und das ist der erste und gleich (web-)fehlerfreie Versuch ein gemustertes Tuch herzustellen, auch wenn es sehr schmal ist. (siehe "Fertiges")
Die verrutschten Kettfäden wurden nun aber zu kurz, spannten sich mehr als die anderen, weil bei ihnen weniger Länge nachgelassen werden konnte. Deshalb habe ich kurzerhand das gewebte Stück abgeschnitten, die Kette bis zum Unglück abgewickelt und neu aufgebäumt, im Blatt die mittelbraunen Randfäden neu gestochen (4-fach) und die Kette wieder an die Warenbaumleiste geknotet, dieses Mal so, wie es gemacht werden sollte. Fertig für den nächsten Versuch. Vielleicht werden es doch Wadenwickel - noch ist genügend Kette vorhanden.
Fotos werde nachgereicht.